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Themenauswahl
Diese Themensammlung entsteht sukzessive aus meiner Betriebsratsarbeit und aus den an mich gestellten Fragen. Der Datenschutz wird beachtet und es werden keine Namen von Unternehmen/Betrieben oder von betroffenen Arbeitnehmern bekanntgegeben. Alle von mir gemachten Angaben zu diesen Themen stellen keinerlei Rechtsberatung dar und können nicht erschöpfend sein.
Die Arbeitszeiten gehören mit zur häufigsten Ursache für "Streit" zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Eine einseitige Erhöhung/Verringerung der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber (oder dessen Erfüllungsgehilfen: Gruppenleiter, Abteilungsleiter o.ä.) darf es nicht geben. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, einschließlich der Pausen, sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage, sind mitbestimmungspflichtig!
Für außertariflich Angestellte (AT-Angestellte) bestehen spezielle Mitbestimmungsrechte, die sich in erster Linie auf die Gestaltung ihrer Vergütung und Arbeitsbedingungen beziehen.
Nicht zu verwechseln mit übertariflich: Eine übertarifliche Vergütung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer innerhalb eines Tarifvertrages eine über der tariflichen Regelung liegende Entlohnung erhält. Der Arbeitgeber zahlt hier mehr als im Tarifvertrag vorgesehen, ohne jedoch die Grenze zur außertariflichen Entlohnung zu überschreiten.
Oft wissen Arbeitnehmer nicht, dass sie sich über fast alles beim Betriebsrat beschweren können und dürfen. Leider ist es oft so, dass der Kompass des Betriebsrats nicht in die richtige Richtung zeigt und den Betroffenen dann nicht geholfen wird. Die Gründe hierfür können sehr unterschiedlich sein. Hier ein paar Beispiele: Der Betriebsrat hat Angst! Oder keine Ahnung! Oder keine Lust! Oder er handelt vorsätzlich gegen die Interessen der Belegschaft!
Das Günstigkeitsprinzip ist ein Kernbestandteil des deutschen Arbeitsrechts und spielt eine bedeutende Rolle im Verhältnis zwischen verschiedenen Rechtsquellen, die für einen Arbeitnehmer gelten. Es besagt, dass bei der Kollision unterschiedlicher Regelungen jene Regelung vorgeht, die für den Arbeitnehmer günstiger ist. Dieses Prinzip ist speziell im Arbeitsrecht verankert, um den Schutz und die Rechte von Arbeitnehmern zu sichern und in Konfliktsituationen als Lösungsansatz zu dienen.
Bei der Beachtung von Arbeitszeiten ist das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) die zentrale gesetzliche Grundlage. Hier sind die wichtigsten Aspekte, die berücksichtigt werden müssen:
Tägliche Arbeitszeitregelungen: Gemäß § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt nicht mehr als acht Stunden pro Werktag gearbeitet wird.
ACHTUNG: Ein Tarifvertrag regelt sehr häufig günstigere Arbeitszeiten! Zum Beispiel 7 Std pro Arbeitstag bei einer 5-Tage-Woche! => GÜNSTIGKEITSPRINZIP
Wöchentliche Arbeitszeit: Im Durchschnitt sollte die wöchentliche Arbeitszeit 48 Stunden (bei einer 6-Tage Woche!) nicht überschreiten. Dies erlaubt im Umkehrschluss eine maximale Arbeitszeit von bis zu 60 Stunden (bei einer 6-Tage Woche!) in einzelnen Wochen, wenn dies entsprechend ausgeglichen wird.
ACHTUNG: Auch hier gilt => Ein Tarifvertrag regelt sehr häufig günstigere Arbeitszeiten! Zum Beispiel 35 Stunden bei einer 5-Tage-Woche!
Ruhepausen und Ruhezeiten: Es müssen Pausen und Mindestruhezeiten zwischen den Arbeitstagen eingehalten werden, wie im ArbZG geregelt.
ACHTUNG: Hier mogeln sich Arbeitgeber gerne mit einem lapidaren Hinweis auf FREIWILLIGKEIT heraus. Das kann sehr böse für den Arbeitgeber enden, denkt man nur an die restriktiven Berufsgenossenschaften, sollte es während dieser freiwilligen Zeit einen Unfall geben!
Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats: Nach § 87 BetrVG hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei Fragen der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen, der Verteilung auf die Wochentage, sowie bei einer vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der Arbeitszeit.
ACHTUNG: Es zählt jede Minute! Denn schnell sind ein paar tägliche Minuten zu Stunden angewachsen!
Tarifvertragliche Öffnungsklauseln: Innerhalb der im ArbZG vorgesehenen tarifrechtlichen Öffnungsklauseln kann durch Tarifverträge von den gesetzlichen Regelungen abgewichen werden, sofern diese gelten.
Berücksichtigung mehrerer Arbeitsverhältnisse: Sollten Arbeitnehmer für mehrere Arbeitgeber tätig sein, sind die Arbeitszeiten zu addieren, um die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten nicht zu überschreiten.
Besondere Bestimmungen für Auszubildende und jugendliche Arbeitnehmer: Es gibt spezielle Regelungen im Berufsbildungsgesetz und Jugendarbeitsschutzgesetz, die Freistellungen für Berufsschulzeiten und bestimmte Einschränkungen bei den Arbeitszeiten vorschreiben.
Arbeitszeiten
Außertariflich Angestellte
Außertariflich Angestellte (AT-Angestellte) sind Angestellte, die nicht unter den Geltungsbereich eines Tarifvertrags fallen, entweder aufgrund der Merkmale ihrer Tätigkeit oder ihrer Vergütung. Es gibt einige wichtige Punkte und rechtliche Aspekte, die bei AT-Angestellten zu beachten sind:
1.Vergütung:
AT-Angestellte erhalten in der Regel ein Gehalt, das die höchste tarifliche Entgeltgruppe überschreitet. Ein bestimmter Mindestabstand zwischen dem Gehalt und dem höchsten Tarifgehalt ist oft erforderlich, um den AT-Status zu wahren, auch wenn dieser Abstand nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Einige Unternehmen setzen jedoch einen internen Mindestabstand, wie in den Quellen (BAG 23.10.2024 - 5 AZR 82/24) angegeben.
Der Betriebsrat hat ein umfassendes Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Lohn- und Gehaltsgestaltung von AT-Angestellten. Dies umfasst auch die Ausgestaltung von Entlohnungsgrundsätzen sowie die Einführung oder Änderung von neuen Entlohnungsmethoden (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG).
2.Mitbestimmungsrechte:
Betriebsräte haben Mitbestimmungsrechte bei Überstunden von AT-Angestellten. Diese Rechte sind verbindlich und gelten unabhängig von einer arbeitsvertraglich vereinbarten pauschalen Überstundenabgeltung (siehe Betriebsverfassungsgesetz § 87 Abs. 1).
3.Arbeitsvertragliche Regelungen:
Der Status als außertariflicher Angestellter kann mit bestimmten arbeitsvertraglichen Regelungen verbunden sein, wie z.B. der Verzicht auf tarifliche Errungenschaften, Mehrarbeitszuschläge oder zusätzliches Urlaubsgeld.
4.Kündigung/Einstellung und Betriebsrat:
Auch AT-Angestellte sind Arbeitnehmer im Sinne des BetrVG. Der Betriebsrat muss gemäß § 102 BetrVG über beabsichtigte Kündigungen informiert werden.
Ebenfalls bei der Einstellung von AT-Angestellten hat der Betriebsrat Beteiligungsrechte gemäß § 99 BetrVG.
5.Besondere Regelungen:
Es gibt keine festgelegten Anforderungen an die prozentuale Abweichung der Vergütung über dem Tariflohn. Das BAG hat festgelegt, dass ein Arbeitnehmer, dessen Gehalt das höchste tarifliche Entgelt übertrifft, als außertariflicher Angestellter angesehen werden kann, ohne dass spezifische Mindestabstände einzuhalten sind.
6.Betriebliche Vereinbarungen:
Unterschiede in der Festlegung der Arbeitszeit und der Vergütung von AT-Angestellten können durch Betriebsvereinbarungen geregelt werden.
Diese Punkte tragen dazu bei, die rechtliche und praktische Handhabung von AT-Angestellten in einem Unternehmen klarer zu definieren. Es ist wichtig, die Unternehmensrichtlinien sowie mögliche Betriebsvereinbarungen zu kennen, um den Status und die Rechte von AT-Angestellten zu verifizieren und zu unterstützen.
Der Betriebsrat hat grundsätzlich alle Beschwerden von Arbeitnehmern entgegenzunehmen, gemeinsam im Gremium zu beraten und, falls er sie für berechtigt erachtet, beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinzuwirken (§ 85 Abs. 1 BetrVG). Den Arbeitnehmern steht es frei, ob sie ihre Beschwerde beim Vorgesetzten (§ 84 BetrVG), nur beim Betriebsrat, beim Betriebsrat und gleichzeitig beim Vorgesetzten oder beim Betriebsrat erst nach erfolgloser Beschwerde beim Vorgesetzten einlegen wollen.
Wird die Beschwerde beim Betriebsrat vorgetragen, hat er zu prüfen, ob sie berechtigt ist. Ist sie unberechtigt, hat er dies dem Beschwerdeführer nebst Begründung mitzuteilen.
Berechtigte Beschwerden leitet der Betriebsrat an den Arbeitgeber weiter mit der Aufforderung, der Beschwerde nachzugehen und abzuhelfen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, mit dem Betriebsrat über die Erledigung der Beschwerde zu verhandeln.
Meinungsverschiedenheiten
Bestehen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Beschwerde, so kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Sie entscheidet über die Berechtigung der Beschwerde z.B. ob der Arbeitnehmer Zugluft ausgesetzt ist.
Die Einigungsstelle ist unzuständig, soweit Gegenstand der Beschwerde ein Rechtsanspruch ist, z. B. ob diesem noch ein Urlaubsanspruch zusteht (§ 85 Abs. 2 BetrVG). In einem solchen Fall kann der Arbeitnehmer sein Recht beim Arbeitsgericht einklagen (BAG v. 28.6.1984 – 6 ABR 5/83).
Sowohl der Betriebsrat als auch der Beschwerdeführer sind vom Arbeitgeber über Zwischenstand und Ergebnis der Beschwerdebearbeitung, insbesondere die Art der Abhilfe, zu informieren (§ 85 Abs. 3 BetrVG).
Beschwerden gegen den Betriebsrat
Beschwerden von Arbeitnehmern gegen den Betriebsrat sind nicht zulässig. Die Belegschaft kann jedoch beim Arbeitsgericht beantragen, den Betriebsrat aufzulösen oder einzelne Mitglieder wegen grober Pflichtverletzung aus dem Betriebsrat auszuschließen. Ein solcher Antrag muss mindestens von einem Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer gestellt werden (§ 23 Abs. 1 BetrVG).
Beschwerden (Arbeitnehmer)
Günstigkeitsprinzip
Wichtige Aspekte des Günstigkeitsprinzips:
1. Rechtsquellen-Vergleich: Es sorgt dafür, dass bei konkurrierenden Rechtsquellen (z.B. Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen, individuellen Arbeitsverträgen) die für den Arbeitnehmer günstigere Regelung angewendet wird.
2. Normenpyramide: In der sogenannten Normenpyramide steht das Günstigkeitsprinzip im Kontext, in dem Regelungen von individuelleren und rangniederen Quellen (wie Arbeitsverträgen oder Betriebsvereinbarungen) von größeren und höherrangigen Rechtsquellen (wie Gesetzen) nur zu Gunsten der Arbeitnehmer abweichen dürfen.
3. Öffnungsklauseln: Es gilt nicht, wenn spezifische Öffnungsklauseln in höheren Rechtsnormen (wie Tarifverträgen) enthalten sind, die es erlauben, von dem Günstigkeitsprinzip abweichende, möglicherweise ungünstigere Regeln festzulegen.
4. Einzelvertragliche Ansprüche: So haben arbeitsvertragliche Ansprüche oft Vorrang und dürfen nicht durch nachfolgende Absprachen in weniger günstige verwandelt werden, es sei denn, die Bedingungen wurden offen vereinbart.
5. Gerichtliche Urteile: Verschiedene Gerichtsurteile, wie z.B. vom Bundesarbeitsgericht, tragen zur Konkretisierung des Prinzips bei. Sie bestätigen, dass durch das Günstigkeitsprinzip kollektivrechtliche Vereinbarungen in den Grenzen des Rechtes einen Einfluss auf bestehende arbeitsvertragliche Vereinbarungen ausüben können.
Rechtliches Fundament:
§ 4 Abs. 3 des Tarifvertragsgesetzes (TVG) umreißt, wie das Günstigkeitsprinzip insbesondere im Kontext von Tarifverträgen anzuwenden ist.
Beispiele:
Wenn ein Arbeitsvertrag bessere Konditionen als eine spätere Betriebsvereinbarung bietet, dann bleiben die besseren Konditionen gültig, außer es gibt eine Klausel, die dies anders regelt.
Betriebsvereinbarungen, die als Gruppe gesehen werden, können nicht automatisch einzelne günstigere vertragliche Regelungen verdrängen.
Diese Prinzipien sind darauf ausgelegt, die Rechte von Arbeitnehmern durch regelmäßige Überprüfung und Bewertung im Rahmen von Verhandlungen und rechtlichen Auseinandersetzungen zu sichern. Betriebsräte spielen dabei eine entscheidende Rolle, um sicherzustellen, dass das Günstigkeitsprinzip im Sinne der Belegschaft gewahrt wird.


